Wenn ich Power Pivot/ Power BI Seminarteilnehmern erläutere, die damit wenig Erfahrung haben, dann erlebe ich häufig denselben Effekt. Ich öffne die Diagrammsicht, so dass wir einen gemeinsamen Blick auf das Datenmodell nehmen können und es dauert keine zwei Sekunden bis einer der Teilnehmer sagt: „Das sieht ja aus wie Access“. Ich habe auch schon Teilnehmer erlebt, die mir nach einem kompletten Tag Training Feedback gegeben haben und meinten: Diese Tools sind toll. Jetzt brauche ich kein Access mehr. Dieses Verständnis ist problematisch. Power Pivot und Access sind zwar beide Datenbanken, jedoch sind sie sehr verschieden. Daher möchte ich Euch in diesem Beitrag erläutern: Warum Power Pivot niemals MS Access ersetzen wird.
Power Pivot/ Power BI vs. Access: Der erste Eindruck
Wieso entsteht bei Power Pivot- und Power BI-Lernenden der Eindruck, es wäre das gleiche wie Access, oder gar ein Ersatz dafür. Der Grund hierfür liegt in den Diagrammsichten beider Programme. In die jeweilige Diagrammsicht gelangt man wie folgt:
- Power Pivot: Im Power Pivot-Fenster befindlich auf Startseite → Diagrammsicht (Punkt 1 im Screenshot) klicken, bzw. das Icon für die Diagrammsicht in der unteren rechten Ecke (Punkt 2 im Screenshot) klicken.
- Access: Über den Reiter Diagrammtools → Beziehungen (Punkt 3 im Screenshot) gehen.
Der folgende Screenshot zeigt die Diagrammsichten beider Programme (oben Power Pivot, unten Access), bei unterschiedlichen Datenmodellen.
Zu sehen sind jeweils mehrere Tabellen, die durch Beziehungen miteinander verknüpft sind. Genau diese Ähnlichkeit in der Optik des Datenmodells, sorgt häufig für den Irrglauben es würde sich um austauschbare Technologien handeln. Warum dies nicht so ist, werde ich im weiteren Beitrag erläutern.
Die Veränderbarkeit der Daten
Access und Power Pivot/ Power BI weisen sehr viele technologische und konzeptionelle Unterschiede auf. Angefangen bei den unterschiedlichen Datenbank-Engines , die im Hintergrund ihre Arbeit verrichten, über die beiden Abfrage-/ bzw. Programmiersprachen SQL und DAX, hin zu hochgradig normalisierten bzw. denormalisierten Modellierungsansätzen.
Der für mich an dieser Stelle jedoch wesentlichste Unterschied (im Hinblick auf die Ersetzbarkeit von Access durch Power Pivot) zwischen beiden Datenbanksystemen ist die Veränderbarkeit der Daten. Während Daten, die sich in einer Access-Datenbank befinden, leicht – beispielsweise über die Nutzung eines Formulars – durch den Anwender verändert werden können, so ist dies mit Daten, die sich in einem Power Pivot-/ Power BI-Datenmodell befinden nicht möglich. Dies liegt an den unterschiedlichen Einsatzbereichen beider Datenbanktypen.
Access, als transaktionsorientierte, relationale Datenbank
Microsoft Access ist eine relationale Desktop-Datenbank. Sinn und Zweck einer solchen Datenbank ist das Erfassen aktueller, geschäftsrelevanter Daten. Dies kann dazu führen, dass nicht mehr aktuelle Daten aktualisiert, d. h. überschrieben werden, oder sogar gelöscht werden müssen.
Ein klassisches Beispiel hierfür ist eine Kundendatenbank, die beispielsweise durch Mitarbeiter mit Kundenkontakt (z. B. Kunden-Call-Center) gepflegt wird. Ist der Kunde neu, so wird ein neuer Datensatz im System gepflegt. Hat der Kunde bereits einen Account (d. h. einen Eintrag in der Kundentabelle) und ändert seinen Wohnsitz, so wird die bisherige Adresse in der Access-Datenbank mit der nun aktuellen Adresse überschrieben. Kündigt dieser Kunde und wünscht die Entfernung seiner Daten aus dem System, so werden die Kundendaten aus der Datenbank gelöscht. Man kann also sagen, dass eine relationale Datenbank operative Systeme in Unternehmen (z. B. Logistiksysteme, Finanzbuchhaltungssysteme, etc.) unterstützt, indem sie die relevanten Daten speichert und ggf. ändert oder löscht.
Power Pivot/ Power BI, als analyseorientierte, tabellarische Datenbank
Power Pivot/ Power BI ist im Gegensatz zu Access keine transaktionsorientierte Datenbank. Ganz im Gegenteil: In Power Pivot/ Power BI selbst werden keine Daten erfasst. Stattdessen werden Daten aus externen Systemen (häufig relationale Datenbanken, wie Access) importiert. Daten, die einmal in Power Pivot geladen wurden, können nicht mehr verändert werden. Natürlich bin ich in der Lage, in Power Pivot/ Power BI via DAX berechnete Spalten zu erzeugen und somit die bestehenden Daten anzureichern. Die bestehenden Daten selbst kann ich jedoch nicht verändern. Erst mit einem erneuten Refresh des Power Pivot-/ Power BI-Datenmodells, der die angebundenen Datenquellen (z. B. csv-Dateien, Excel-Dateien, andere Datenbanken, etc.) erneut importiert, können die Daten im Datenmodell geändert werden.
Diese Erkenntnis verwirrt viele Excelnutzer zu Beginn. Sowohl in Excel-, als auch in Access-Tabellen lassen sich Werte manuell ändern. In Power Pivot/ Power BI jedoch nicht. Hierbei handelt es sich jedoch keineswegs um einen Fehler. Die Aufgabe von Power Pivot/ Power BI ist es, große und komplexe Daten auf vielfältige Art und Weise und in hoher Geschwindigkeit für Analysen bereitzustellen. Die Richtigkeit der Daten muss hierbei unbedingt in der Datenbasis sichergestellt werden, d. h. in den importierten csv-Dateien, Excel-Dateien und Datenbanken. Nur so kann ich gewährleisten, dass verschiedene unternehmensweite Analysen, alle mit denselben Daten arbeiten.
Zusammenfassung zur Veränderbarkeit von Daten
Access (und auch andere relationale Datenbanken) erfasst, ändert und löscht Daten und unterstützt somit operative Systeme in Unternehmen. Power Pivot/ Power BI importiert Daten aus externen Systemen wie Access-Datenbanken und speichert diese unveränderbar ab und stellt leistungsfähige Werzeuge zu deren Analyse bereit. Auf diesem Wege kann sichergestellt werden, dass Analysen, die mit diesen Daten betrieben werden, auf den originalen Quelldaten aufsetzen und somit unternehmensweit zu gleichen Ergebnissen führen.
Und welches Datenbanksystem ist nun besser?
Die Antwort ist einfach: Keines ist besser, oder schlechter. Sie sind verschieden, spezialisiert und haben unterschiedliche Einsatzbereiche. Somit haben beide ihre Berechtigung und keines wird das andere ablösen.
Falls Dich dieser Artikel interessiert hat, interessiert dich bestimmt auch mein Newsletter: Hier geht’s zum Abonnement meines kostenlosen Newsletters!
Bis zum nächsten Mal und denk dran: Sharing is caring. Wenn Dir der Beitrag gefallen hat, dann teile ihn gerne 🙂
Viele Grüße aus Hamburg,
Lars
Lars ist Berater, Entwickler und Trainer für Microsoft Power BI. Er ist zertifizierter Power BI-Experte und Microsoft Trainer. Für sein Engagement in der internationalen Community wurde Lars seit 2017 jährlich durch Microsoft der MVP-Award verliehen. Lies hier mehr…
Bernd meint
Hallo Lars,
auf diesem Weg danke für die einfache verständliche Erklärung der Unterschiede. Werde mich mit Power BI näher beschäftigten und hatte zuerst auch im Kopf , ob es Access ersetzen könnte. 😉
Viele Grüße
Bernd
Lars Schreiber meint
Hallo Bernd,
sehr gerne 🙂
Viele Grüße,
Lars
Andreas Schnetzer meint
Hallo Lars,
also für mich sind das prinzipiell zwei Paar Schuhe, die sich maximal was das klassiche Reporting betrifft teilweise überschneiden.
Access:
Professionelle Entwicklungsumgebung für VBA, allerdings dann bitte mit SQL-Server Backend.
Power Pivot / Power BI:
„The next hot thing“ von Microsoft. Zukunftsweisende neue Reportingschiene. Würde hier eher das althergebrachte Reporting in Excel (Pivot Tabellen) als Konkurrenten sehen.
Lars Schreiber meint
Hallo Andreas,
der eigentliche Titel meines Beitrags hätte heißen müssen: Warum OLTP und OLAP verschiedene Dinge sind. Das würde dem gewöhnlichen Excelnutzer jedoch wenig sagen. Natürlich sind Access und Power BI zwei vollkommen unterschiedliche Dinge (und das mache ich auch deutlich). Sie sehen jedoch (aufgrund des Datenmodells) für den unerfahrenen Nutzer eben ähnlich aus…
Viele Grüße 🙂
Lars
Ignatz Schels meint
Genau auf den Punkt gebracht, Lars. Der wichtigste Unterschied zwischen Access und PowerPivot: Access ist ein Entwicklungssystem mit Reporting-Funktionen, PowerPivot ist ein Reporting-Tool mit Datenbank-Funktionen. Wer keine Daten erfassen, pflegen und verwalten muss, kann mit PowerPivot gute Resultate erzielen. Aber ein derart mächtiges DBMS (Database Management System) wie Access wird PowerPivot nie ersetzen. Und noch ein Aspekt, der erwähnt werden sollte: Access basiert auf SQL, einer leicht zu erlernenden Skriptsprache. Und den Funktionsumfang von DAX hat Access längst, und Domänenaggregatsfunktionen sind ein alter Hut.
MarRoEn meint
DAX in Access? Wusste ich gar nicht 🙁
Vielen Dank für den interessanten Artikel und Kommentar.
Lars Schreiber meint
Hallo Marvin,
nein, keine Angst. Da hast Du nichts verpasst. In Access gibt es kein DAX. DAX findet seine Anwendung nur in Power Pivot für Excel, Power BI und den SQL Server Analysis Services Tabular.
Viele Grüße 🙂
Lars Schreiber meint
Hallo Ignatz,
vielen Dank für Deine Beteiligung an diesem Thema 🙂 .Ich möchte hier noch einmal betonen: Power Pivot wird nicht deshalb Access nie ersetzen, weil Access so mächtig ist. Es handelt sich einfach um sehr verschiedene, sehr spezialisierte Datenbanktypen, die für unterschiedliche Einsatzbereiche gedacht sind und beide über einen sehr hohen Funktionsumfang verfügen. Ein Hammer wird auch niemals eine Säge ersetzen. Sie haben eben unterschiedliche Funktionen.
Was den Funktionsumfang von DAX betrifft, muss ich bedingt widersprechen: Power Pivot/ Power BI kennt das Konzept des Evaluierungskontextes, der Access völlig fremd ist. Im Rahmen dieses Evaluierungskontextes (Zeilen- und Filterkontext), können mit DAX kalkulierte Measures zur Laufzeit ermittelt werden. Speziell die TimeIntelligence-Funktionen, die beispielsweise einen Year-to-Date-Wert zur Laufzeit kalkulieren lassen, sind Funktionen, die Access nativ einfach nicht hat (und auch nicht haben muss).
Viele Grüße 🙂
Jochen meint
HI Lars, toller Artikel! Analog zur Hammer und Säge Analogie hätte ich hier auch noch eine Anregung: wenn Power Pivot der Hammer ist könnte man Access auch toll ergänzend als Nagel einsetzen 😉 Habe schon Szenarien aufgebaut wo mit Access komfortabel (Budget)Daten über Formulare eingegeben werden die dann in Power BI Berichten angezeigt werden. Sofern Access hier nicht interne Tabellen sondern „Linked Tables“ des SQL Severs benutzt…kann nan sogar mit „Direct Query“ dann ohne expliziten „refresh“ in real-time diese veränderbaren Daten in Power BI Reports integrieren. Geht leider nur mit Power BI Desktop und nicht mit Excel Power Pivot (in Excel Power Pivot fehlt ja leider die Möglichkeit des Direct-Query Modes)
Lars Schreiber meint
Hallo Jochen,
vielen Dank für Dein Feedback. Die Hammer- und Nagel-Analogie finde ich super. Ja, die Werkzeuge können sich eben auch prima ergänzen. Das von Dir beschriebene Szenario ist ein klasse Beispiel dafür, speziell mit den ODBC-verknüpften Tabellen + DirectQuery. Vielen Dank für diese Ergänzung 🙂
LG,
Lars